Jürgen Marlow

Von Karl H.Hoffmann

Berufsstart in Braunschweig

Jürgen Marlow zählt zur ersten Generation der Nachkriegsarchitekten. Er begann sein Architekturstudium 1943 in Berlin und setzte es 1945 an der TH Braunschweig fort. Marlow bezeichnet sich selbst als Kraemer-Schüler. Friedrich Wilhelm Kraemer war sein wichtigster Lehrer in Braunschweig, in dessen Büro er bereits als Student arbeitete. 1948 nahm Kraemers Büro am Wettbewerb für ein Funkhaus in Hannover teil und gewann einen 1. Preis. Jürgen Marlow war maßgebend am Entwurf beteiligt. Das Büro Kraemer durfte das Funkhaus bauen und Marlow wurde Projektleiter des ersten Bauabschnitts. Aber statt seine Karriere im Büro seines Lehrers fortzusetzen ging Marlow nach Hamburg. Dort kam er im Büro von Hans Atmer und Otto Gühlk unter. Mit Atmer gründete er später eine Partnerschaft, die bis 1962 hielt und einige wichtige Bauten in Hamburg entwarf.

Das Polizeipräsidium

"Atmer und Marlow" - wem dieser Name etwas sagt, wird normalerweise sofort an das ehemalige Polizeipräsidium am Berliner Tor denken. Ein Gebäude, dem man damals nicht entgehen konnte. Das liegt zum einen daran, dass es zur Bauzeit des Gebäudes (1958-1962) kaum Hochhäuser in Hamburg gab, zum anderen war es auch stilistisch einmalig für die Hansestadt. Manche nennen es den "einzigen Corbusier-Bau in Hamburg" und fühlen sich an einen Entwurf Le Corbusiers für ein Hochhaus in Algier erinnert. Die Fassade unterscheidet sich deutlich von Hochhäusern des Erfolgsduos Hentrich & Petschnigg (Unilever-Haus, Finnland-Haus, Burmah-Haus) oder auch vom Hamburg-Süd-Gebäude an der Ost-West-Straße (Architekt: Cäsar Pinnau). Alle diese Bauten zeigen Fassaden im "internationalen Stil" - gerastere Vorhangfassaden Mies'cher Prägung. Demgegenüber wirkt das Ex-Polizeigebäude geradezu skulptural. Ralf Lange (1) fühlt sich an den Brutalismus erinnert. In einem Gespräch mit Olaf Bartels (2) erläuterte Marlow wie es durch eine Initiative des Oberbaudirektors Werner Hebebrand zur Bildung der Arbeitsgemeinschaft von Atmer & Marlow mit Hans Th. Holthey sowie Egon Jux und Harro Freese kam. Die letzteren beiden waren laut Marlow im wesentlichen für den Entwurf verantwortlich. Das Polizeipräsidium ist also kein wirklicher Atmer-Marlow-Bau.

Quellen: (1) Ralf Lange: Architekturführer Hamburg, Stuttgart: Edition Menges, 1996, S. 77; (2) Interview Jürgen Marlow von Olaf Bartels in: Der Architekt 11/1999, S. 43-49 , E-Mail von Hans Heeßel vom 28.5.2018

Biografie

Skandinavische Vorbilder

Im Interview mit Olaf Bartels (1) hob Jürgen Marlow die Vorbildfunktion der skandinavischen - und insbesondere der dänischen - Architektur für die junge deutsche Architektengeneration nach 1945 hervor. Er stand damit nicht allein.So fährt der Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen 1953 nach Sonderborg,; Heinz Graaf reist nach Kopenhagen und schaut sich das SAS-Gebäude an, auch der schon ältere Gottfried Schramm reist 1953 durch Dänemark und Schweden, dabei fotografiert er auch die Wohnhäuser Klampenborg von Arne Jacobsen, ebenfalls 1953 besucht Arthur Dähn Südschweden. In den Architekturzeitschriften gab es Dutzende Berichte über Bauten in Skandinavien und in den Bibliotheken vieler Architekten finden sich sogar Bücher in dänischer und schwedischer Sprache.

Für Marlow war Arne Jacobsen ein Vorbild, so war es für ihn eine ganz besondere Aufgabe, als seinem Büro die Bauleitung des neuen Christianeums in Hamburg-Othmarschen anvertraut wurde (1968 - 1971). Der Entwurf für den Neubau stammte aus dem Büro Arne Jacobsen - Otto Weitling. Jürgen Marlow bekam den Meister allerdings kaum zu sehen, Jacobsen hatte sich weitgehend aus der aktiven Arbeit zurückgezogen und überließ die Ausführung Otto Weitling.

Quelle: Interview Jürgen Marlow von Olaf Bartels in: Der Architekt 11/1999, S. 45-46

Werkauswahl

Hamburgisches Architekturarchiv der Hamburgischen Architektenkammer